Volume 36 (December 2004) Number 6ZDMZentralblatt für Didaktik der MathematikInternational Reviews on Mathematical Education
The interactive development of mathematical inscriptions - a
semiotic perspective on pupils’ externalisation in an internet chat about
mathematical problems In internet-chat situations about mathematical word-problems, the students are confronted with the fundamental issue of presenting their solving-attempts in a written or graphic form. This circumstance raises the opportunity to study the use of inscriptions as defined by Latour and Woolgar (1986). In my essay I present results of a pilot study in which primary school students allocated in two separate rooms solve mathematical problems by means of internet chatting. In order to analyse the inscriptions emerging during the chat sessions Charles S. Peirce’s semiotic approach is applied, based on research methods of Interpretative Classroom Research. *** Die schriftlich-graphische Darstellung ihrer Lösungsbemühungen ist ein
grundsätzliches Problem, das sich Schülern in der laufenden "Pilotstudie zur
chat-unterstützten Erstellung mathematischer Inskriptionen unter Grundschülern"
stellt. Dies eröffnet Möglichkeiten Entwurf und Interpretation sowie die Nutzung
und Weiterentwicklung gemeinsamer Inskriptionen zu untersuchen und deren Beitrag
zur Genese mathematischen Wissens zu ermitteln. Ein Ausschnitt aus einer
Chat-Session aus der Pilotstudie wird auf der Basis eines interpretativen
Ansatzes aus semiotischer Perspektive mit Charles S. Peirce triadischer
Zeichenrelation analysiert. Learning by developing knowledge networks. A semiotic
approach within a dialectical framework A central challenge for research on how we should prepare students to manage crossing boundaries between different knowledge settings in life long learning processes is to identify those forms of knowledge that are particularly relevant here. In this paper, we develop by philosophical means the concept of a dialectical system as a general framework to describe the development of knowledge networks that mark the starting point for learning processes, and we use semiotics to discuss (a) the epistemological thesis that any cognitive access to our world of objects is mediated by signs and (b) diagrammatic reasoning and abduction as those forms of practical knowledge that are crucial for the development of knowledge networks. The richness of this theoretical approach becomes evident by applying it to an example of learning in a biological research context. At the same time, we take a new look at the role of mathematical knowledge in this process. *** Lernen als Entwicklung von Wissensnetzen. Ein semiotischer Ansatz in einem
dialektischen Rahmen. Die Frage, wie wir Schülerinnen und Schüler darauf
vorbereiten können, die Grenzen zwischen verschiedenen Wissenssystemen in
Prozessen lebenslangen Lernens zu meistern, macht es nötig, solche Wissensformen
zu identifizieren, die hierzu besonders relevant sind. Im vorliegenden Text
entwickeln wir dazu mit philosophischen Mitteln das Konzept eines dialektischen
Systems. Dieser Ansatz dient als Rahmen, um die Entwicklung von Wissensnetzen
beschreiben, die den Ausgangspunkt für Lernprozesse bilden. Dabei verwenden wir
die Peircesche Semiotik, um (a) die erkenntnistheoretische These zu diskutieren,
dass jeder kognitive Zugang zu den Dingen unserer Welt durch Zeichen vermittelt
ist, und (b) um diagrammatisches Schließen und Abduktion als diejenigen Formen
praktischen Wissens zu beschreiben, die entscheidend für eine Entwicklung von
Wissensnetzen sind. Die Reichhaltigkeit dieses theoretischen Ansatzes wird in
der Anwendung auf einen Lernprozess im Rahmen biologischer Forschung sichtbar
gemacht. Gleichzeitig wird die Rolle des mathematischen Wissens in diesem
Prozess beleuchtet.
Beyond the dichotomies. Semiotics in mathematics education research The present paper starts from the assumption that a semiotic approach might provide a fresh start in reconciling prevailing dichotomies in educational reflection and research. Especially as regards the popular dichotomies of individual against social learning and constructive against receptive learning. Three exemplary sections will illustrate the salient features of a semiotic approach: sign process seen as mediating means; sign processes as creating networks of objects, signs and interpretants; and the metaphor of map and territory as a relation of sign and activity. Throughout the paper it is tried to capitalize from the tension between the semiotic approaches of Peirce and Vygotskij. *** Der vorliegende Beitrag gründet sich auf die Annahme, dass ein semiotischer
Ansatz möglicherweise dem Versuch zu neuem Erfolg verhelfen kann, herrschende
Dicho-tomien in der pädagogischen und didaktischen Forschung zu überwinden. Dies
betrifft besonders die beliebte Gegenüber-stellung von sozial und individuell
und von konstruktiv und rezeptiv beim Lernen. In drei exemplarischen Abschnitten
wird die Fruchtbarkeit einer semiotischen Perspektive demonstriert:
Zeichenprozesse als Mittel und Vermittlung; Zeichenprozesse als Vernetzung von
Objekten, Zeichen und Interpretanten; und die Beziehung von Landkarte und
Territorium als Metapher für die Beziehung von Zeichen und Tätigkeit. Die
Spannung zwischen den semiotischen Perspektiven von Peirce und Vygotskij bildet
dabei einen permanenten Bezugspunkt. |